Die Zukunft der Mobilität: nachhaltig mit Charakter?

Leise, situativ, lücken- und reibungslos vernetzt

Sprechen wir von der Zukunft der Mobilität, tun sich in der tatsächlichen Ausgestaltung einige Fragen auf. Wird das eigene autonom fahrende Fahrzeug im Vordergrund stehen oder werden wir uns vermehrt über E-Mobilität per Sharing-Konzepte und Apps für ganzheitliche Mobilitätslösungen organisieren? Wird Ebene 1 nach wie vor unser Hauptverkehrsraum sein – vorzugsweise mit dem Firmenrad? Oder könnte auch eine Verschiebung beispielsweise in Richtung Ebene +1 Realität werden? Eventuell rücken wir näher an die Intermodalität im Sinne einer Kombination verschiedener Verkehrsträger auf der Straße, per Schiene, zu Wasser und in der Luft? Und wie viel KI wird am Ende tatsächlich am Steuer sitzen?

Im Wandel zwischen Mobilitätslösung und Verkehrsplanung

Unterschiedlichste Mobilitätskonzepte erobern seit einiger Zeit den öffentlichen Diskurs und bahnen sich Schritt für Schritt oder auch manchmal im Schweinsgalopp ihren Weg durch Entwicklungsabteilungen, Ämter, Ministerien und Behörden, um am Ende die Gesellschaft mit dem Ziel eines nachhaltigen Mobilitätsverhaltens zu erreichen. Auf der einen Seite entsteht eine Vielzahl an Möglichkeiten smarter Fortbewegungsmittel und die dafür technischen Hebel – beispielsweise Apps – die diese Mobilitätsmedien einfach, digital und flexibel auf einer Plattform bündeln, clustern und am Ende für den Menschen immer und überall digital abrufbar sind. Damit einher geht die Umstellung des Verkehrsmanagements und der Stadtplanung. Insbesondere urbane Gefilde durchlaufen seitens Wirtschaft und Politik einen enormen Wandlungsprozess. Gründe sind mitunter der Klimawandel, die digitale Transformation, fehlender Wohnraum, unaufhörlich wachsende Ballungszentren, der demografische Wandel und die damit verbundenen und sich parallel verändernden individuellen Wertevorstellungen und Bedürfnisse der Gesellschaft.

Legt man nun smarte Mobilitätslösungen mit einer funktionierenden Verkehrs- und Stadtplanung übereinander, rückt die erfolgreiche Entstehung einer nachhaltigen Mobilität der Zukunft sehr nah. Und das ist gut so. Allerdings kommt dabei noch ein entscheidender Punkt hinzu. Nämlich, die Frage danach, wie sich diese neue Mobilitätskultur anfühlen wird, welche Persönlichkeit sie unserem Lebensraum verleihen wird.

Ja zum Klimaschutz, aber nicht auf Kosten der Einzig-artigkeit

Die meisten von uns besuchen eine fremde Stadt aus der Motivation heraus, ihren Charakter zu erkennen, zu verstehen und im besten Falle spüren zu können. Vor allem Metropolen wirken zumeist unfassbar faszinierend auf Menschen, da sie größtenteils überaus lebendig, vielfältig, oftmals geheimnisvoll – fast unnahbar aber vor allem einzigartig sind. Besondere Gerüche und Geräusche, spezielle Bauweisen, klimatische Verhältnisse und natürliche Begebenheiten machen Städte individuell – und selbstverständlich auch das jeweilige Mobilitätsgebaren.

Stellt man sich ein Firmenrad in Venedig oder Neapel vor, durchfährt einen recht schnell der Widerspruch in sich. In der Lagunenstadt Venedig ist das meistgenutzte Verkehrsmittel der städtische Wasserbus, auch genannt Vaporetto. Und in Neapel trifft man auf ein derart hohes, größtenteils chaotisches Verkehrsaufkommen, getreu dem Motto „wer zuletzt bremst“, als dass ein hochwertiges Firmenrad auf der Beliebtheitsskala vermutlich deutlich weiter unten auftauchen würde. Aber genau diese Begebenheiten machen die Städte so einzigartig. Und dennoch benötigt es eine grundlegende und smarte Ausrichtung für mehr Klima- und Umweltschutz.

Möglichkeitsräume, Seamless Mobility und urbane Straßen-Diäten

Welche Handschrift sollen also unsere künftigen Städte tragen? Ausgerichtet auf eine langfristig nachhaltige Mobilität – die wir mehr als dringlich benötigen. Produkte, Konzepte und eine moderne Stadt- sowie Verkehrsplanung sind das eine. Zu wahren gilt jedoch die Einzigartigkeit der Städte. Denn spielen wir uns vollständig auf eine situative Verkehrsnutzung, platzsparend, geräuscharm, ohne jegliche Reibung und lückenlos vernetzt ein, werden wir womöglich Gefahr laufen, in einem Sumpf ausdrucksloser Einheitlichkeit zu rotieren. Unterziehen wir unsere Städte einer zu strikten Diät im Sinne der Verschlankung urbaner Straßen und konzentrieren uns dabei zu sehr auf die reine temporär abgesteckte Nutzung der Möglichkeiten, die der Verkehrsraum bietet, stehlen wir den Städten unserer Erde ihre Persönlichkeit.

Der Wunsch danach hypermobil zu sein, die Vorzüge einer Seamless und Shared Mobility zu nutzen geht mit dem Wandel gesellschaftlicher Bedürfnisse in Städten einher. Doch ist es wie fast immer das richtige Maß, das am Ende den tatsächlichen Erfolg verspricht. Zur Entstehung einer zeitgemäßen, mobilen Weltkultur benötigt es demnach sowohl technologisch ausgeklügelte Nachhaltigkeitskonzepte als auch den markanten, ungeschliffenen Kern, der die jeweiligen Städte im identischen Sinne lebenswert und einzigartig macht.

Quelle: Zukunftsinstitut, Megatrend Mobilität

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